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Theater, Kunst und Literatur

Jules Vernes Reise um die Erde in 80 Tagen

Ungarischer Lloyd • 28.12.1875

Jules Verne war vor seiner Karriere als Romanschriftsteller bereits als ›dramatischer Schriftsteller‹, Sekretär des Théâtre-Lyrique und der komischen Oper und als Operetten-›Librettist der Bouffes‹ tätig. Die Bouffes-Parisiens war übrigens das Theater, das von Jacques Offenbach geleitet wurde. So ist es denn nicht weiter verwunderlich, dass Verne später auch dieses Medium nutzte, um seine Romane populär zu machen, indem er sie auf die Bühne stellen ließ. Wahrscheinlich stammen einige dieser Bühnenfassungen, die grandiose Spektakel waren, vergleichbar nur mit den heutigen Musicals, sogar von ihm selbst. • Gerd Schubert

Volkstheater. Der Elefant hat seine Schuldigkeit getan, insofern er es verstanden, das Volkstheater heute bis in seine letzten Winkel zu füllen. Im Ganzen und Großen würde man in der heute zum ersten Male zur Darstellung gebrachten Reise um die Erde in 80 Tagen kaum die geniale Dichtung Jules Verne’s erkennen. Bekanntlich dreht sich die Handlung um die tolle Wette des Engländers Fileas Fogg die Reise um die Erde in 80 Tagen zurückzulegen; in diesem seinen Unternehmen wird er durch den Polizei-Agenten Fix vielfach gehindert, der in ihm einen steckbrieflich verfolgten Dieb der englischen Bank vermutet. Nichtsdestoweniger findet Fogg noch Zeit, eine indische Fürstin aus den Händen der Braminen zu befreien, die sie verbrennen wollen, und kommt nach den entsetzlichsten Abenteuern endlich noch 24 Stunden vor der anberaumten Zeit in London an. Das Stück ist Ausstattungskomödie durch und durch und bietet in dieser Richtung das Unglaublichste. Dampfschiffe, Elefanten, ein veritabler Eisenbahntrain, Rothäute, die den Train anfallen, prachtvolle Dekorationen, ein Schiffbruch auf offener See wechseln rasch nacheinander und lassen den Zuschauer nicht zu sich selbst kommen. Die Aufführung, um welche sich in erster Linie die Herren Egyed (Fileas) und Eöry (Passepartout) verdient gemacht, war eine zufriedenstellende. Das Ballett der Bajarden gefiel ungemein und lernten wir in demselben Frl. Luy als so graziöse wie tüchtige Tänzerin kennen. Das Publikum war sehr animiert und kargte nicht mit Applaus.

• Auf epilog.de am 3. Oktober 2000 veröffentlicht

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